Die Ausgangslage
Ein-Eltern-Familien und Patchwork-Familien-Systeme nehmen zu. Grundsätzlich steht den Familien bzw. den Eltern nach einer Trennung bzw. Scheidung nicht mehr Geld zur Verfügung. Im Gegenteil: Gleich viel Geld muss nun für zwei Haushalte reichen und je nach Betreuungsmodell entstehen mehr Kosten bzw. kann weniger Einkommen umverteilt werden. Erst wenn die Kinder älter werden, können Teilzeitanstellungen von betreuenden Eltern schrittweise erhöht werden und es fliesst allenfalls über eigene Einkommen der Kinder wie z.B. einem Lehrlingslohn mehr Geld ins System. Eltern sind jedoch weit über das 18. Lebensjahr unterhaltspflichtig und nicht selten planen auch Lernende mit Berufsmatura im Rahmen einer Erstausbildung ein Studium. Die heutigen durchlässigen Bildungssysteme machen es möglich. Aus Sicht der der bestmöglichen Erstausbildung ist das auch im Interesse der finanziellen Zukunft der Kinder und der Gesellschaft als Ganzes. Soweit es den Eltern unter der Berücksichtigung der Umstände zugemutet werden kann, dauert darum die Unterstützungspflicht bis zum Abschluss der geplanten Erstausbildung und über das 25. Altersjahr hinaus (wie z.B. bei einem Medizinstudium).
Eine finanzielle Herausforderung für beide Eltern
Das Armutsrisiko ist für Ein-Eltern-Familien und kinderreiche Familien am höchsten. Auf Grund der vorbestehenden Aufteilung von Erwerbs-, Betreuungs- und Hausarbeit trifft das Armutsrisiko „Ein-Eltern-Familie“ in der Schweiz überwiegend Frauen. Ebenso verhält es sich mit der Altersarmut. Auch hier sind Frauen neben Menschen mit Migrationshintergrund am meisten betroffen.
Doch auch Elternteile mit Unterhaltspflichten können über viele Jahre hinweg unter hohem finanziellem Druck stehen und sind dadurch in ihren Zukunftsplänen erheblich eingeschränkt. Dies wiederum betrifft vor allem Männer. So verständlich und nachvollziehbar, die Sicht der Unterhaltspflichtigen ist – in den meisten Fällen trifft es den überwiegend betreuenden Elternteil wesentlich härter, denn die Unterhaltszahlungen decken nur bei sehr hohen Unterhaltsbeträgen den gesamten Bedarf des Kindes. Der andere Elternteil steuert darum in den allermeisten Fällen ebenfalls etwas zum Bedarf des Kindes bei. Dies geschieht nicht in einer Geldzahlung zu Gunsten des Kindes, sondern in Form der direkten Übernahme von Kosten, wie z.B. Lebensmitteleinkäufe etc. soweit sie die Unterhaltszahlung übersteigen.
Viele Eltern möchten nach einer Trennung oder Scheidung nicht nur das gemeinsame Sorgerecht, sondern auch eine gemeinsame Betreuung. Was ideal für ein ausgewogenes Familienleben und die Beziehung zu beiden Eltern, ist leider oft die teuerste Lösung und kann so an die Grenzen des finanziell Umsetzbaren stossen. Wenn Mitte Monat Ende des Geldes ist, so ist das eine klare Botschaft an die Eltern.
Anspruchsvoller Umgang mit dem Geld
Ein-Eltern-Familien erwerben in der Regel im Laufe der Jahre hohe Kompetenzen in Sachen
- Verbraucherwissen: Wissen über Produkte und Preise, Vergünstigungen und vielem mehr.
- Ausgabendisziplin: Sie kennen ihr Budget genau und halten sich daran.
- Planung: Sie wissen, dass sie lange im Vorfeld Geld für grössere Ausgaben zurücklegen müssen.
Das englische Sprichwort «One man’s trash is another man’s treasure” – oder frei übersetzt: Was der eine Mensch wegwirft, ist des anderen Menschen Schatz - wird z.B. über gegenseitiges Tauschen gelebt. Oder es findet ein gewisser sozialer Ausgleich statt, indem Kleider und anders aus dem Umfeld gerne kostenlos weitergegeben wird.
Auch bei Haushalten mit genügend finanziellen Ressourcen ist die Steuerung des Geldes ein wichtiges Thema. Vor allem dann, wenn vorher der andere Elternteil die Verwaltung des Geldes übernommen hat.
Die Budgetberatungs-Fachpersonen unserer Mitglieder sind darauf spezialisiert, wie mit solchen Situationen umgegangen werden kann. Nicht selten kann auch viel Know-How bei Menschen im Umfeld abgeholt werden, die schon länger mit einer ähnlichen Situation vertraut sind.
Praxistipp:
- Nutzen Sie unsere Budgetvorlagen zum Erstellen eines Budgets.
- Nehmen Sie, wenn nötig, Beratung in Anspruch. Viele Eltern schätzen den Austausch mit einer Fachperson und gewinnen so Sicherheit bei der Einschätzung der Situation. Eine Beratungsstelle des Dachverbands in ihrer Nähe finden Sie hier.
Unterstützungsleistungen
Wir empfehlen: Prüfen Sie, ob
- Sie einen Anspruch auf die Prämienverbilligung haben,
- alle Kinder- bzw. Ausbildungszulagen, allfällige familienbedingte Sozialzulagen der Arbeitgebenden abgeholt werden und den Kindern zugutekommen,
- die Alimentenhilfe Sie im Sinne eines Inkassos oder einer Bevorschussung unterstützen kann, wenn Kinderunterhaltsbeiträge gar nicht, zu spät oder nicht in genügender Höhe bezahlt werden,
- besondere andere Leistungen der Gemeinde oder des Kantons (z.B. Mutterschaftsbeihilfen, Unterstützungsfonds für Ein-Eltern-Familien etc.) beansprucht werden können oder
- Sie einen Anspruch auf wirtschaftliche Sozialhilfe haben.
Beratungsstellen des Dachverbands in Ihrer Nähe wissen, welche Unterstützungsleistungen Ihnen zustehen.
Betreuung, Erziehung und eigene Berufstätigkeit
Der Balance Akt zwischen den Bedürfnissen der Kinder, den finanziellen und zeitlichen Ressourcen der betreuenden Eltern ist in jedem Familiensystem eine anspruchsvolle Aufgabe. Für Ein-Eltern-Familien gilt dies jedoch im Besonderen, vor allem dann, wenn Sie unregelmässige Arbeitszeiten, bescheidene Löhne oder mehrere Anstellungen haben und geeignete Betreuungsangebote fehlen.
Auch wenn die Eltern nicht mehr zusammenleben, so sind sie nach wie vor gemeinsam für das Wohl der Kinder verantwortlich. Die Erfahrung aus der Beratung zeigt: Wenn es Eltern gelingt, das Kindswohl allem anderen Themen insbesondere den Konflikten auf der Paarebene voranzustellen, gibt es erfahrungsgemäss die besten Lösungen für alle Beteiligten.
Volljährige Kinder
Ein wichtiger Schritt in Sachen Finanzen ist die Volljährigkeit der Kinder. Ab dann können - wenn von den Kindern und/oder unterhaltspflichtigen Elternteil so gewollt - Unterhaltsbeiträge direkt auf ihre Konten fliessen. Dann ist es wichtig, zu wissen, wofür das Geld gedacht ist. Darüber entstehen oft Missverständnisse. Die jungen Erwachsenen planen bereits, das Geld für die Autofahrprüfung oder anderes einzusetzen, bevor ihnen klar ist, dass ein hoher Anteil davon für Kost und Logis, Gesundheitsversorgung und Ausbildungskosten verwendet werden muss. Dabei geht es nicht zuletzt auch um die Finanzkompetenzen der Kinder. Es ist ein hilfreicher Schritt ins Erwachsenenleben, wenn klar wird, was das Leben kostet und wie Geld eingeteilt werden muss.
Wichtig zu wissen ist, Volljährige müssen Unterhaltszahlungen, die auf ihre Konten fliessen nicht versteuern. Entsprechend tiefer fallen auch die Steuern des beherbergenden Elternteils aus. Für den unterhaltspflichtigen Elternteil steigen jedoch die Steuern, da die Unterhaltszahlungen nicht mehr abgezogen werden können.
Die Zeit nach der Familienphase
Werden Kinder flügge, sei es,
- dass sie für die Ausbildung an einen anderen Ort ziehen,
- dass sie nach abgeschlossener Erstausbildung bei vollem Lohn noch eine Weile Zuhause leben,
- oder ganz ausziehen
es hat immer Einfluss auf die Finanzen, die langfristige Planung (z.B. Pensionierung) und die mögliche Wohnsituation des beherbergenden Elternteils. Je nachdem kann es
- zu einer finanziellen Entlastung kommen, weil Kinder nun angemessen für Kost und Logis aufkommen können oder nun über gemeinsames Wohnen mit dem neuen Partner/der neuen Partnerin nachgedacht wird
- oder aber es muss über den Umzug in eine günstigere Wohnung nachgedacht werden.
Anspruchsvoll sind die Übergänge, wenn mehrere Kinder im Haushalt leben. Und für unterhaltspflichtige Elternteile gibt es – unabhängig von der Wohnform der erwachsenen Kinder – in der Regel erst nach der Erstausbildung eine spürbare finanzielle Entlastung.