Die Ausgangslage
Immer mehr auch jüngere Menschen machen sich Gedanken über ihre finanzielle Situation nach der Pensionierung. Das 3-Säulen Prinzip der schweizerischen Altersvorsorge hat sich lange bewährt, doch nun hält es immer weniger was es verspricht. Der Grund dafür ist: Die Annahme, dass im Schnitt 60% des letzten Einkommens aus der 1. und 2. Säule die bisherige Lebensführung sichern, schlägt zunehmend fehl und trifft vor allem den unteren Mittelstand hart. Das Bewusstsein der Bevölkerung über diesen Umstand nimmt zu.
Dabei hängt ein gut funktionierendes 3-Säulen-Prinzip von der demografischen Entwicklung, dem Gang der Wirtschaft und den gesellschaftlichen Entwicklungen ab. Eines ist unbestritten: Altersarmut ist überwiegend weiblich und/oder hat Migrationshintergrund. Teilzeit-Pensen, klassische Rollenaufteilung, Trennung/Scheidung und die Höhe der Löhne haben somit einen direkten Zusammenhang mit der finanziellen Situation im Alter.
Gut geplant in die Pensionierung
Die Pensionierungsplanung ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Für andere wiederum kein Thema, da gefühlte Lichtjahre weit weg. Wieder andere denken, es werde dann schon irgendwie gehen. Doch die Realität zeigt, wer das Thema – aus welchen Gründen auch immer – nicht oder zu spät angeht, hat unter Umständen das Nachsehen.
Die Lebenserwartung steigt laufend. Wer von rund 20 Jahren nach der Pensionierung ausgeht, ist damit sicherlich nicht schlecht beraten. Einige Menschen werden noch älter. Es gilt also eine lange Zeit nach der Pensionierung zu finanzieren und niemand kann wissen, wie lange es im Einzelfall genau ist. Darum beschäftigen sich immer mehr Menschen bereits lange vor dem 50. Altersjahr mit ihrer Altersvorsorge und nutzen wertvolle Zeit auch für den Aufbau einer dritten Säule.
Die Koordination mit anderen wichtigen finanziellen Projekten
Somit zeigt die Realität, je früher mit der Pensionierungsplanung begonnen wird, umso besser. Ein weiterer Grund warum viele Menschen das Thema nicht angehen, ist auch die Tatsache, dass je nach Lebensphase noch andere finanzielle Schwerpunkte Vorrang haben. Es geht zum Beispiel um Rücklagen für Weiterbildungskosten, um beruflich à jour zu bleiben oder die Kosten der Familie beanspruchen viel Ressourcen. Es geht also auch darum, die Pensionierungsplanung mit anderen wichtigen Themen massgeschneidert und realistisch zu koordinieren.
Praxistipp:
Haben Sie sich schon einmal überlegt, wann es bei Ihnen wesentliche Veränderungen gibt und welchen Einfluss sie auf ihre Einnahmen bzw. Ausgaben haben? Es geht um Themen wie:
- Arbeiten Sie durchgehend Vollzeit oder gibt es Phasen mit Teilzeiterwerb?
- Wann werden Sie Eltern und welche finanziellen Veränderungen gehen damit einher?
- Müssen Sie eine Trennung oder Scheidung finanziell verkraften?
- Gehen Sie (beide) in die ordentliche Pensionierung oder ist etwas anderes geplant?
- Wie wirkt sich ein Todesfall auf die Finanzen der Hinterbliebenen aus?
Wenn Sie diese und andere individuell wichtige Ereignisse auf einem Zeitstrahl einzeichnen, so kann sich dies als hilfreich für die konkrete Planung erweisen.
Warum ist die Budgetierung so wichtig?
Ein Budget ist für eine solide Planung in jeder Lebensphase unumgänglich. Es bedeutet Klarheit, Schutz, Steuerungsinstrument und eine Grundlage für jede längerfristige Planung. Besonders vor der Pensionierung zeigt ein Budget gut auf, wie aktuell gelebt wird und ob es Anpassungen im Hinblick auf einen neuen finanziellen Rahmen braucht.
Viele Menschen müssen davon ausgehen, dass ihnen nach der Pensionierung weniger Geld zur Verfügung stehen wird. Diesem Umstand kann auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden. Einerseits stellt sich die Frage,
- ob überhaupt noch gleich viel benötigt wird und
- es möglich ist, die Einkommenseinbusse durch Ersparnisse oder Vermögensbildung aus der Aktivzeit zumindest teilweise auszugleichen.
Andererseits hilft ein realistisches Budget einen Entscheid über Frühpensionierung, ordentliche Pensionierung oder aber eine Weiterführung der Berufstätigkeit über die reguläre Pensionierung hinaus zu fällen.
Ein Budget zeigt auch auf, ob es Sparpotenzial gibt und wo es zu finden ist. Das bedeutet nicht zwingend, dass Einsparungen gemacht werden müssen. Es ist jedoch gut zu wissen wo das Potenzial zu finden ist.
Praxistipp Beratung:
Sie haben noch nie ein Budget veranschlagt und wünschen Unterstützung? Finden Sie eine Beratungsstelle des Dachverbands in ihrer Nähe finden Sie hier.
Wie können Lücken in der Altersvorsorge vermieden werden?
Bei der AHV zu beachten ist:
- Vermeiden Sie Beitragslücken durch Auslandaufenthalte, temporäre Arbeit, Studium etc. indem Sie laufend kontrollieren, dass die Minimalbeträge von 503.- (Stand 2021) ab dem 20. Altersjahr einbezahlt sind. Beitragslücken führen zu Rentenkürzungen und sind darum unerfreulich. Auskunft gibt ein individueller Auszug. Fehlende Beitragsjahre können 5 Jahre rückwirkend ausgeglichen werden.
- Die durchschnittliche Einkommenshöhe über alle Beitragsjahre entscheidet darüber, ob es eine Maximalrente oder weniger gibt. Für eine maximale Rente braucht es ein durchschnittliches Einkommen von 86'040.- (Stand 2021). Darum geht es bei Lohnverhandlungen nicht nur darum kurzfristig mehr Geld im Portemonnaie zu haben, sondern auch um die Altersgutschriften.
Bei der Pensionskasse zu beachten ist:
- Mehrere Teilzeitpensen bzw. ein Jahreseinkommen unter 21'510 (Stand 2021) kann dazu führen, dass Sie in der zweiten Säule nicht versichert sind. Sie können jedoch die Einkommen bei einer Pensionskasse zusammenführen bzw. bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG versichern lassen, wenn sie über dem Mindestbetrag liegen.
- Die Pensionskassen machen einen Koordinationsabzug, um den Teil des Einkommens auszuscheiden, der bereits in der 1. Säule versichert ist. Dies hat bei einem bzw. mehreren Teilzeitanstellungen mit mehreren Pensionskassen massive Auswirkungen. Das kann vermieden werden indem die Stiftung Auffangeinrichtung BVG oder eine Pensionskasse eines Arbeitgebers alle Teilzeiteinkommen versichert. Ferner gibt es Pensionskassen, die diesen Umstand berücksichtigen, indem sie den Koordinationsabzug anpassen.
- Eine weitere Möglichkeit sich in eine bessere Ausgangslage vor der Pensionierung zu bringen, sind Einkäufe in die Pensionskasse. Dabei lohnt es sich, vorher die finanzielle Lage der Pensionskasse zu prüfen. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Deckungsgrad. Dieser sollte 100% oder höher sein, damit Sie nicht zur Sanierung der Pensionskasse beitragen müssen. Grundsätzlich lohnt sich ein Einkauf je höher das Einkommen und je schneller das Geld wieder bezogen wird, also im letzten Drittel der Erwerbsphase. In die Planung anderer Projekte einbezogen werden muss: Wer sich bei der Pensionskasse einkauft, kann die nächsten drei Jahre kein Geld für Wohneigentum oder eine Selbständigkeit beziehen.
- Wechseln Sie die Stelle sind Sie selbst dafür verantwortlich, die bisherige Pensionskasse zu informieren, wohin das Geld überwiesen werden soll. Dies ist wichtig, denn die Höhe ihres gesamten Guthabens bestimmt die Höhe ihrer Altersleistungen. BVG Guthaben werden spätestens zwei Jahre nach Stellenwechsel an die Stiftung Auffangrichtung BVG überwiesen, wenn Sie eine Meldung unterlassen.
Hinweis: Bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG sind bei 60% der Konten die Adressen unbekannt. Können Sie ihre BVG Guthaben nahtlos nachverfolgen oder könnte es ein, dass Sie bei der Auffangeinrichtung Geld liegen haben? Melden Sie sich bei der Sammelstiftung.
Beim Aufbau einer dritten Säule zu beachten ist:
- Säule 3a Sparen ist steuerabzugsfähig jedoch nach oben limitiert. So können Angestellte und selbständige Personen, die einer Pensionskasse angeschlossen sind, maximal 6’883.- pro Jahr (Stand 2021) einzahlen. AHV-pflichtige Personen, die keiner Pensionskasse angeschlossen sind, können 20% des Erwerbseinkommens jedoch maximal 34’416.- pro Jahr (Stand 2021) einzahlen.
- Bei knappem Budget empfiehlt es sich folgendes zu beachten: Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie keine 6’883.- pro Jahr einzahlen können. Auch kleinere, am besten monatlich einbezahlte, Beträge führen zu einer Steuerersparnis und summieren sich.
- Es empfiehlt sich, eine Lösung zu suchen bei der sie frei sind, wie viel Sie pro Monat einzahlen. So können Sie flexibel auf unvorhersehbare Lebensumstände reagieren. Daraus folgt: Trennen Sie Säule-3a-Sparen von Risikoversicherungen. Eine kombinierte Lösung kann teuer werden, wenn Sie ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können.
- Bei einer reinen Sparlösung verlieren Sie über kurz oder lang Geld. Mit einem Fondssparplan fahren Sie in der Regel langfristig besser. Für die Risikoabwägung gilt: Je kürzer der Zeitraum bis das Geld gebraucht wird, umso weniger Risiko empfiehlt es sich einzugehen.
- Damit Sie den Bezug von Säule-3a- Guthaben staffeln und damit Steuern sparen können, können verschiedene Konten geführt werden. Dies ist jedoch kantonal unterschiedlich geregelt. Ihre Bank bzw. Ihr Steueramt kann Sie diesbezüglich sicherlich informieren.
- Alternativ zum steuerprivilegierten Säule-3a-Sparen bieten sich weitere Werte zum Aufbau einer Altersvorsorge an. Dazu gehören Wohneigentum, reale Werte wie z.B. Gold und Silber, Fondsparpläne etc.
Hinweis. Diese Zusammenstellung ist weder vollständig, noch kann Sie ihrer individuellen Situation vollumfänglich Rechnung tragen. Sie weist lediglich auf wichtige Punkte hin.
Die Gretchenfrage: Wird es reichen?
Ein weiterer Grund warum viele Menschen die Pensionierungsplanung vor sich herschieben ist, dass Sie nicht wissen, wie sie die Einnahmen veranschlagen sollen bzw. für nicht gesichert halten.
- AHV-Renten: Sie können eine Rentenvorausberechnung bei der zuständigen Ausgleichskasse verlangen. Diese ist gebührenfrei, sofern Sie das 40. Altersjahr überschritten haben und innerhalb der letzten 5 Jahre nicht schon eine Vorausberechnung verlangt haben. Je näher die Pensionierung, umso sicherer sind die Angaben.
- PK-Renten: Die voraussichtliche Pensionskassenrente können Sie ihrem Vorsorgeausweis entnehmen. Es empfiehlt sich, diesen wie einen Lohnausweis zu prüfen und offene Fragen direkt mit ihrer Pensionskasse zu klären.
- Rente und/oder Kapital bei der Pensionskasse beziehen? Auch auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Im Grundsatz geht es jedoch darum, ob Sie die Kompetenzen haben Kapital gewinnbringend anzulegen und einen Vermögensverzehr diszipliniert so zu steuern, dass es bis ans Lebensende reicht. Beachten Sie dabei auch, dass ein zu schneller Kapitalverzehr bzw. zu hohe Schenkungen an Nachfahren bei den Ergänzungsleistungen einberechnet werden.
Sind die Eckdaten aus 1. und 2. Säule geklärt, ist es einfacher Entscheidungen über den Pensionierungszeitpunkt zu fällen und realistische Ziele für den Aufbau der 3. Säule unter Berücksichtigung der Lebensphasen (z.B. teure Weiterbildung, Familie mit Kindern usw.) zu planen.